Sich und anderen verzeihen

22.12.2022

"Der Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken." Mahatma Gandhi

Ein weiser Ausspruch... Aber wieso erfordert Verzeihen Stärke? Du musst dich damit auseinandersetzen, wieso du jemanden etwas nachträgst, das heißt du musst in die Vergangenheit zurückgehen und dich mit einer unangenehmen Situation auseinandersetzen. Jemand hat dich damals verletzt oder ungerecht behandelt. Und wenn du die Situation reflektierst, kommen natürlich noch einmal die Gefühle von anno dazumal hoch. Das macht gehörig aua. Und eigentlich will man sich ja nicht selbst weh tun, davor schützt einen das Ego. Verdammt oft ist das blöde Ego aber mal so richtig auf dem Holzweg, denn kurzfristig mag das ganz supi funktionieren, langfristig aber nicht (frag' mal `nen Gefühlsklärer...). Wenn man nicht verziehen hat, schleppt man seelischen Ballast mit sich herum, denn alles was einem noch irgendwie "auf der Seele brennt" oder "auf dem Herzen liegt", belastet einen und raubt einem somit Energie! Brauche ich hier eigentlich nicht zu erwähnen, dass alles, was uns Energie raubt kacke ist und dass man gerade als Loslasser auf Karma Safari seine ganze Energie bitter nötig hat!

Wie fast immer in diesem Prozess fängt es mal wieder bei dir an - als aller erstes musst du dir selbst verzeihen bevor du anderen verzeihen kannst. Und das - also du - ist mithin die härteste Nuss! Aber wie wir nur zu gut wissen ist das Leben kein Ponyhof und so eine Karma Safari erst recht nicht! Let's go for it, aufsatteln und Sporen geben!

Loslasser sind oft zu selbstkritisch sich selbst gegenüber. Und da sie von sich selbst immer Höchstleistungen erwarten, haben sie oft auch überhöhte Ansprüche an ihre Mitmenschen. Denke immer daran, dass du das Beste gibst - ja, es kann mal vorkommen, dass du, wenn du nach einem harten Arbeitstag zu Hause Chaos vorfindest und auf einen Legostein trittst, die Beherrschung verlierst... dann entschuldige dich und verzeihe dir. Ist menschlich. Meinetwegen auch eine Gelassenheitsübung. Aber hey, verzeih dir! Nobody is perfect! Du nicht und andere eben auch nicht. Vergiss nie, du gibst dein Bestes, aber die anderen eben auch. Oder man weiß es eben nicht besser. Alle handeln nach bestem Wissen und Gewissen.

Viele Menschen tragen immer noch Schuldgefühle für Dinge aus ihrer Kindheit mit sich herum. Mach dir mal eine Liste und fange in deiner Kindheit an... vielleicht hast du mal ein paar Tage nicht mit deiner Sandkastenfreundin gespielt, weil sie dein Schäufelchen geklaut hat? Und selbiges hast du dann irgendwann im Sandkasten wiedergefunden, hast dich aber nie bei ihr für die falsche Verdächtigung entschuldigt? Arbeite dich dann langsam in die Gegenwart vor... hast du vielleicht gestern unnötig einen Kollegen kritisiert, einfach weil dir ein Pups quer saß? Manchmal sind es nur vermeintliche Kleinigkeiten, aber wenn die dir jetzt in den Kopf kommen, waren es anscheinend doch keine so kleinen Kleinigkeiten...

Die meisten von uns haben noch ein Verzeihen-Thema mit ihren Eltern (oder einem von beiden). Gerade bei den Eltern empfiehlt es sich, nicht nur die Situation von damals zu betrachten, sondern sich auch in die Rolle des Elternteils hinein zu versetzten. Klar sieht man zuerst sich selbst und es kommen nochmal Gefühle wie Wut, Verzweiflung, Trauer, Hilflosigkeit... hoch. Akzeptiere diese Gefühle und nimm sie an. Aber dann versetze dich auch in die Rolle deines Gegenübers. Vielleicht hat er/sie/divers es nicht besser gewusst? Unsere Eltern sind in anderen Zeiten aufgewachsen und haben auch wiederum Eltern, die sie erzogen haben. Welchen Hintergrund haben sie? In welcher Situation befanden sie sich damals?

Mal wieder Zeit für ein Zitat (wer ganz pfiffig ist, wird's schon gemerkt haben, ich steh total auf Redewendungen, Sprichwörter, Zitate und Wortspielereien ...):

Now I'm not looking for absolution
Forgiveness for the things I do
But before you come to any conclusions
Try walking in my shoes

(aus 'Walking in My Shoes' von Depeche Mode)

Wer die Übersetzung braucht:

Jetzt suche ich nicht nach Absolution
Vergebung für die Dinge, die ich tue
Aber bevor du irgendwelche Schlüsse ziehst
Versuch in meinen Schuhen zu laufen

Jetzt wollen wir aber endlich mal in Aktion treten!

1) Anderen verzeihen: Du kannst natürlich mit denjenigen sprechen. Aber überlege dir gut, ob damit auch deinem Gegenüber geholfen ist oder ob nur du dich besser fühlen willst. Vielleicht war sich derjenige/diejenige/diversjenige gar nicht darüber bewusst, dass er/sie/es dir weh tut oder kann sich überhaupt nicht mehr daran erinnern. Auch könntest du die Person dadurch so erschüttern, dass sie nun sich mit Selbstvorwürfen plagt? Oft ist es besser alles zu Papier zu bringen, einen Brief an die Person zu schreiben und diesen einfach zu verbrennen... Überlege dir gut, auf welchem Weg du Frieden schließen willst.

2) Sich selbst verzeihen: Zum einen kannst du natürlich versuchen dich zu entschuldigen oder das, was du deiner Meinung nach angerichtet hast, sonstwie wieder gut zu machen. Hier gilt dasselbe wie oben: Überlege genau, ob du durch das erneute Auf-den-Tisch-bringen des Themas nicht mehr Schaden anrichtest.

Oft bietet sich eine Kontaktaufnahme und das Wiederaufwärmen alter Geschichten einfach nicht an. Kann aber natürlich auch sein, dass du gerne Kontakt aufnehmen würdest, es aber nicht kannst, weil du die Person nicht mehr ausfindig machen kannst, sie verstorben ist etc. Auch dann hat sich 'Brief schreiben und verbrennen' als wirksam erwiesen. Wenn du Angst hast, dir die Butze abzufackeln, kannst du den Brief auch einfach in einen Postkasten werfen. Unzustellbare Briefe werden von der Post vernichtet. Oder google mal ne Runde, ob du ein feines Vergebungsritual findest, wie z.B. das hawaianische Vergebungsritual Ho'oponopono.

Nach dem Verzeihen wirst du dich wie befreit und erleichtert fühlen, da du eine energieraubende Last von dir genommen hast. Gratuliere! Jetzt kann es auf deiner Karma Safari wieder mit voller Kraft voraus gehen!

Alles Liebe

Deine Karin